Bauernmöbel im 18. Jahrhundert

Die Möbelmalerei ist eine in ganz Europa verbreitete ländlich-bäuerliche Kunst. In der Ostschweiz finden sich besonders reichhaltige Beispiele. Ihre Blütezeit erreichte diese Kunst der Bemalung von Bauernmöbel im 18. Jahrhundert. Sie war seinerzeit äusserst populär, nicht nur bei hablichen Bauern, sondern auch in bürgerlichen, ja sogar adligen Kreisen.

In den Anfangszeiten, im ausgehenden 17. Jahrhundert,wurden vor allem Truhen bemalt, da es damals noch wenig Schränke gab. Nach und nach kamen dann weitere Möbelstücke wie Himmelbetten, Kästen und teilweise auch Teile von getäfelten Wänden hinzu. Die Motive waren pflanzliches Dekor wie Früchte, Blumen oder Rankenwerk, mitunter auch die Darstellung von Tieren, besonders gerne gemalt wurden Vögel. Aber auch Menschen wurden ab und zu portraitiert. 

Einflüsse auf dieses künstlerische Handwerk in der Schweiz stammten aus den kulturellen Verbindungen nach Vorarlberg, Bayern und Tirol. Eine hervorragende Stellung nahmen dabei das Toggenburg und das Appenzell ein, aber auch angrenzende Gebiete wie St. Gallen und Glarus entwickelten ihren eigenen, unverkennbaren Stil.

Ein häufiger Anlass, Möbel zu bemalen, war die Verheiratung. Das Brautpaar war dann im Mittelpunkt der Malerei, wenn die Einrichtung für die Aussteuer gefertigt und bemalt wurde. Es wurden ganze Namen oder nur die Initialen niedergeschrieben. Ausserdem steht oftmals noch ein frommer Sinnspruch geschrieben wie «Alles was Atem hat, lobet den Herrn» oder «Sich regen, bringt Segen».  Aber nicht nur Brautpaaren wurde Mobiliar geschenkt, sondern auch nicht verheiratete Familienmitglieder bekamen ihren Schrank: so steht im Landvogthaus ein hübscher Kasten, auf dem zu lesen ist: «Dieser Kasten gehört Jungfer Käthi Mösli».

Die Maler kamen auf Stör; die Bauernmöbel waren meist aus einfachem Fichtenholgefertigt und wurden dann als Auftragsarbeit bemalt. Oft waren es Einheimische, die innerhalb der Region oder des DorfesarbeitetenSie hinterliessen in der Regel keine Signatur, aber hatten durchaus ihren persönlichen, erkennbaren Stil.

Im Landvogthaus stehen einige Exemplare aus verschiedenen Epochen und Regionen. Besonders beeindruckend ist das in Grüntönen gehaltene Ensemble aus Hallenschrank und grosser Truhe im Vorsaal des 1. Stockes. Sie stammen aus dem Fürstentum Liechtenstein und wurden 1798 als Aussteuermöbel gefertigt. Hier kann man die künstlerisch gelungene Symbiose von Bemalung im Rokokostil und Formgebung im klassizistischen Stil gut ersehen. 

Eine aussergewöhnliche Seltenheit stellt der grosse Doppelschrank im Landvogtzimmer dar; dies einer der wenig erhalten gebliebenen Exemplare aus dem Glarnerland. Die Ornamente des Rokokos auf dem Kasten aus dem Jahre 174sind kunstvoll in verschiedenen Brauntönen gehalten und schlicht, jedoch komplex ineinander gemalt.

Der Barock und das Rokoko waren die grossen Epochen der Malerei von Bauernmöbel in jener Zeit.Etwas später, im beschaulichen Biedermeier, klang diese Tradition dann langsam aus. Aber noch heute strahlt ein solches Möbelstück etwas ganz Individuelles aus und hat somit einen bleibenden Wert.

 

Armin Trinkl, Miteigentümer

Bauernmöbel im 18. Jahrhundert

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